[Rede von Stadtrat Carsten Labudda, DIE LINKE, vom 26. Februar 2014]
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Die heutige Haushaltsrede ist für mich in mehrer Hinsicht etwas Besonderes. Zum Ersten habe ich mich bemüht, sie dem allgemeinen Tenor folgend kurz und prägnant zu halten, im Gegensatz zu manch Anderem. Ich denke, das dürfte Sie freuen.
Zum Zweiten habe ich in der Vergangenheit bereits mehrfach die Unsitte kritisiert, dass der städtische Haushalt erst mitten im laufenden Haushaltsjahr beschlossen wird. Ich halte das nämlich für ein Unding, wie wir auch später bei TOP 8 zur Mehrzweckhalle Hohensachsen noch sehen werden, wo die aktuelle Interimswirtschaft als so genanntes „Argument“ Druck entfaltet. Herr Oberbürgermeister, stellen Sie diese Unsitte ab! Über den Haushalt 2015 will ich im Dezember 2014 entscheiden, nicht später.
Zum Dritten gab es für mich gestern eine echte Überraschung. Im Gegensatz zu den früheren Haushaltsberatungen habe ich nämlich gestern – einen Tag vor der Beschlussfassung – Rundmails der Verwaltung erhalten, in denen Stellung gegen die Anträge der LINKEN genommen wird. Dieses Novum hat mich überrascht, und ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich gehe an dieser Stelle also inhaltlich darauf ein:
A. Schul- und Kulturzentrum West
Beim Thema Schul- und Kulturzentrum West führt die Verwaltung aus, das eine Unterbringung der Klassen der Albert-Schweitzer-Schule in der Bachschule, der Bonhoefferschule und der Montessorischule kurz- bis mittelfristig nicht möglich sei. Das hat mich gewundert. Seit 1 ½ Jahren vertrete ich wiederholt die Position, dass durch die Verlagerung der Klassen der ASS der 27 Millionen Euro teure Neubau am Rolf-Engelbrecht-Haus verzichtbar würde. Bei keiner der öffentlichen Sitzungen in der Vergangenheit wurde diese Möglichkeit in Abrede gestellt. Jetzt – einen Tag vor der Beschlussfassung – wird dieses Argument aus dem Hut gezaubert. Sie werden mir verzeihen müssen, aber ich halte das für kaum glaubwürdig.
B. Schuldenentwicklung
Im Übrigen habe ich beim Thema Schul- und Kulturzentrum West eine weitere Überraschung ausgemacht. So hieß es bei der Haushaltseinbringung im Dezember, dass die Verschuldung Weinheims deswegen in den nächsten fünf Jahren auf fast 60 Millionen Euro steigen werde.
In der Sitzungsvorlage, die letzte Woche verschickt wurde, erscheint dies ganz anders. In Anlage 7 wird der Schuldenstand der Stadt prognostiziert. Dort sind sinkende Schulden vorausgesagt, und das, obwohl ja nun die Hallen für den Süden Weinheims doch vorgesehen werden. Wie das, habe ich mich gefragt. Nun: Die Jahre 2018 und 2019 fehlen in der Auflistung. Vor dem Hintergrund der Finanzdebatten halte ich eine solche selektive Informationspolitik der Verwaltung für irreführend.
Gerade dann, 2018 und 2019, werden die immensen Kosten für das Schul- und Kulturzentrum West und ganz heftig auf die Füße fallen. Deshalb bleibt es beim Nein der LINKEN.
C. Hallen für den Süden
Zu den Hallen-Anträgen der LINKEN erklärt die Verwaltung, dass die Zeitschiene nicht stimme. Zugleich sendet sie aber den Hallen-Antrag der LINKEN vom letzten Jahr mit. Wie seriös ist das?
Von derlei Ungereimtheiten abgesehen: Die Anträge der LINKEN sind vor der nicht-öffentlichen Vorberatung des Haushaltes entstanden. Da seit dieser nicht-öffentlichen Vorberatung die Hallen im Haushalt stehen, ist unser zentrales Anliegen, dass sie zeitnah gebaut werden, erfüllt. Ich ziehe daher die Hallen-Anträge zurück.
D. Langmaasweg-Brücke
Zur Langmaasweg-Brücke: Zunächst führt die Verwaltung in ihrer Stellungnahme die Kosten Dritter auf, um dann feststellen zu müssen, dass die Kostenschätzung der LINKEN für den städtischen Anteil ja doch stimmt. Nun denn.
Dann meint die Verwaltung, dass bei Annahme des Antrages der LINKEN die Kreuzung von Langmaasweg und B3 teuer ausgebaut werden müsse, weil dann angeblich der gesamte Verkehr von Hemsbach und Laudenbach über die einspurige neue Langmaasweg-Brücke fahren würde. Mit Verlaub, aber ich halte das für eine unrealistische und unbelegte pure Behauptung.
Weiterhin glaubt die Verwaltung, dass die Moschee-Besucher künftig zuerst den Freudenberg-Parkplatz anfahren würden, was beim Vor-Ort-Termin am 26. Januar von den anwesenden Vertretern des Moschee-Vereins in Abrede gestellt wurde. Alle waren sich einig, dass Autofahrer zuerst direkt an die Moschee fahren in der Hoffnung, dort einen Parkplatz zu finden. Wenn die Verwaltung glaubt, dass das nicht so läuft, oder dass die Moschee-Besucher – wenn es mit dem Parkplatz direkt vor Ort nicht geklappt hat – den kompletten Weg über B3, B38 und KVS Süd zum Freudenberg-Parkplatz fahren würden, um dann über den Steg zur Moschee zu laufen, so spricht das aus meiner Sicht nicht für Realismus in diesem Punkt.
Dass die Verwaltung sich auch weiterhin für eine Genehmigung zur Nutzung der Saukopf-Brücke durch den landwirtschaftlichen Verkehr bemüht, ist ja aller Ehren wert, aber ich halte das aufgrund des aktuellen Nein aus Karlsruhe für eine Nebelkerze.
Kurzum: DIE LINKE und die Nutzer der Brücke halten einen für den landwirtschaftlichen Verkehr geeigneten Ersatz für die Langmaasweg-Brücke weiterhin für notwendig.
E. Rekommunalisierung der städtischen Reinigungsleistungen
Vorletzter Punkt: Die Verwaltung will den Antrag der LINKEN, dass die Rekommunalisierung der städtischen Reinigungsleistungen vorbereitet werden soll, nicht behandeln lassen, weil es kein Haushaltsantrag sei. Also machen wir einen Haushaltsantrag draus: Ich ergänze den Antrag wie folgt:
„Zur konzeptionellen Vorbereitung der Rekommunalisierung der städtischen Reinigungsleistungen wird eine Haushaltsstelle eingefügt und darin 5.000 Euro für die Konzeptionierung bereit gestellt.“
Damit ist es ein Haushaltsantrag, über den wir befinden dürfen. Ich bitte um Ihre Zustimmung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
F. Gewerbesteuer
Letzter Punkt: Ich freue mich, dass DIE LINKE mit dem Antrag auf Erhöhung der Gewerbesteuer nicht mehr ganz alleine da steht. Vor 4 ½ Jahren war das noch so. Damals hat die SPD übrigens angekündigt, auf absehbare Zeit ebenfalls die Erhöhung der Gewerbesteuer zu beantragen. Jetzt im Wahljahr ist es soweit. Danke dafür. Und vor allem dafür, dass auch sie klar benennt, dass Standort-Entscheidungen vor allem nach infrastrukturellen Erwägungen getroffen werden und nicht anhand des Hebesatzes. Damit bestätigt sie meine seit über vier Jahren vertretene Einschätzung.
Einer weiteren Erhöhung der Grundsteuer B hingegen, wie sie die GAL fordert, wird DIE LINKE nicht zustimmen. Das ginge mittelbar zu Lasten der Mieterinnen und Mieter. Wir haben eh schon ein sehr hohes Mietniveau in Weinheim. An der Schraube wollen wir nicht noch weiter drehen.
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Alles in Allem kann ich kürzest möglich zusammenfassen: Es stecken im vorgelegten Haushaltsentwurf zu viele Risiken für unsere Stadt, so dass DIE LINKE dem Haushalt so, wie er aktuell vorliegt, nicht zustimmen kann.
Vielen Dank.