[Rede von Dr. Carsten Labudda, Fraktionsvorsitzender DIE LINKE im Weinheimer Stadtrat vom 24. Februar 2021]
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Die Verabschiedung des Haushaltes der Stadt ist die wichtigste Entscheidung des Gemeinderates. Damit legen wir fest, wieviel Geld unsere Stadt von den Bürgerinnen und Bürgern bekommen soll. Und damit legen wir fest, wieviel Geld die Stadt zu welchen Zwecken ausgeben will. Im Ergebnishaushalt geht es in diesem Jahr um Einnahmen von 123 Millionen Euro und um Ausgaben von 137 Millionen Euro. Das ist viel Geld, darum ist eine sorgfältige und gründliche Abwägung sehr wichtig.
Üblicherweise wird ein solcher Haushalt am Ende des vorhergehenden Jahres beschlossen, damit er nach Prüfung durch das Regierungspräsidium möglichst früh im Jahr rechtskräftig werden kann. In Weinheim ist es leider Tradition, den Haushalt erst dann zu beschließen, wenn das Jahr schon einige Zeit ins Land gegangen ist. Das hat DIE LINKE in den letzten Jahren immer wieder kritisiert.
Doch in diesem Jahr ist vieles anders. Deutschland befindet sich im Lockdown. Die Frisöre frisieren nicht. Die Restaurants sind leer. Die Hallenbäder sind verwaist. Es gibt keine Kinovorstellungen, keine Konzertveranstaltungen, keinen Eintritt ins Museum. Das kulturelle Leben liegt brach. Seit dieser Woche sollen die Schülerinnen und Schüler abwechselnd mal in die Schulen gehen, mal von zu Hause lernen. Ab 21 Uhr dürfen die Menschen in Weinheim nicht mehr vor die Tür, während die Menschen in Heidelberg es dürfen. Millionen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland befinden sich in Kurzarbeit.
Die große Mehrheit der Menschen hat über Monate viel Verständnis und Geduld aufgebracht für die Maßnahmen der Bundes- und der Landesregierung, hat Einschränkungen und Abstriche in Kauf genommen. Was die Menschen aber wollen, ist ein Mindestmaß an Sicherheit. Welche Maßnahmen gelten, und warum, und wie lange? Und wie sieht der Plan unserer Regierung aus, damit wir in absehbarer Zeit wieder zum normalen Leben zurückkehren können?
Was die Menschen vernommen haben, war eine Kakophonie auf höchster Ebene. Die einen Ministerpräsidenten sagen: „Wir wollen öffnen“, die anderen Ministerpräsidenten sagen: „Wir müssen mehr schließen.“ Alle kündigen großzügige und unbürokratische Hilfen an. Aber sowohl die CDU-geführte Bundesregierung als auch die Grün-geführte Landesregierung bekommen es nicht auf die Reihe, dass unsere Gewerbetreibenden zeitnah die beantragten Hilfsgelder auch erhalten, mit denen sie die Krise überstehen wollen. Über den dadurch zurecht entstehenden Unmut kann man sich seit Wochen in der Presse ausgiebig informieren.
Wie viele Geschäfte die Krise nicht überstehen werden, ist offen. Große Ketten wie Douglas, H&M, Depot und Pimkie haben angekündigt, dass hunderte Filialen geschlossen werden. Das ist nicht nur für die Kunden eine schlechte Nachricht. Es bedeutet vor allem, dass tausende Menschen ihre Arbeit und damit ihre Lebensgrundlage verlieren.
Was hat all das mit dem Haushaltsplan der Stadt Weinheim zu tun? Kurz gesagt: Es sieht schlecht aus, aber wie wissen bis heute nicht, wie schlecht genau.
Insbesondere die Gewerbesteuer und der kommunale Anteil an der Einkommenssteuer verringern sich um Millionenbeträge. Hatte die Stadt Weinheim 2019 noch Einnahmen von 138 Millionen Euro, so rechnet die Kämmerei für dieses Jahr noch mit 123 Millionen Euro. Das sind 15 Millionen Euro weniger, die uns schmerzhaft fehlen werden. Und ob es damit getan ist, lässt sich kaum seriös einschätzen.
Zugleich können wir aber nicht nach Gutdünken die Ausgaben senken. Die Mitarbeitenden der Stadt müssen ihr Gehalt bekommen. Die Straßen und städtischen Liegenschaften müssen instandgehalten werden. Die Verwaltung, die Kinderbetreuungseinrichtungen, der Bauhof: sie müssen funktionieren.
DIE LINKE hat darum zum ersten Mal darauf verzichtet, eigene Anträge zum Haushalt zu stellen. Für uns war und ist es wichtig, dass die zentralen sozialen Vorhaben, die wir in den letzten Jahren beschlossen haben, im Haushalt abgesichert werden. Der soziale Wohnungsbau – insbesondere auf den Allmendäckern und bei der ehemaligen Kreispflege – findet statt und ist nicht von Kürzungen betroffen. Der städtische Wohnraum wird saniert. Das Schulzentrum West wird fertiggestellt.
DIE LINKE hat viele Ideen, wie Weinheim sozialer gemacht werden kann. Das haben wir in den vergangenen Jahren mit zahlreichen Anträgen verdeutlicht. Dabei haben wir immer Vorschläge zur Finanzierung gemacht. Genau dies können wir aber in diesem Jahr nicht mit gutem Gewissen tun. Die Rücklage der Stadt wird gegenüber dem Jahresanfang 2020 bis Ende dieses Jahres um nicht weniger als 40 Millionen Euro geschrumpft sein. Und das ist nur die aktuelle Schätzung der Kämmerei.
Wir hoffen sehr, dass die finanziellen Nebel sich im Laufe des Jahres lichten werden. Dann können wir zum nächsten Jahr verlässlicher planen. Und dann wird es auch wieder Anträge der LINKEN zum Haushalt geben. Für dieses Jahr jedoch bleibt uns nur zu hoffen, dass die Vorausschau der Verwaltung einigermaßen hinkommt. Deshalb stimmt die LINKE dem vorliegenden Haushaltsplan zu.
Vielen Dank.