[Rede von Dr. Carsten Labudda, Fraktionsvorsitzender DIE LINKE im Weinheimer Stadtrat vom 23. Februar 2022]
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
Wenn wir den Worten der Politik Glauben schenken, dann neigen sich zwei aufreibende Jahre ihrem Ende entgegen. Dann soll sich unser Leben ab Ende März endlich wieder in halbwegs normalen Bahnen bewegen können. Wir hatten ein Hin und Her, das selbst die wohlmeinendsten Bürger daran zweifeln ließ, dass es immer um das Wohl der Menschen gegangen sei. Da geht es nicht nur um „Masken-Deals“, um Hilfsgelder, die nicht ankamen, um Pflegekräfte, an deren Überlastung sich nichts geändert hat, oder um das weitere Auseinandergehen der Schere zwischen Arm und Reich. Es geht um das Vertrauen der Menschen in unsere Demokratie, das leider in den letzten zwei Jahren gelitten hat. Es wird uns alle viel Arbeit kosten, das Vertrauen wieder auf einen akzeptablen Stand zu heben. Und ich will es ganz offen sagen: Dazu war es gut und wichtig, dass die Bundes-CDU nach 16 Jahren voller Skandale von den Wählern wieder auf die Oppositionsbänke verwiesen wurde.
Wie überall, so haben auch die Menschen in Weinheim in den letzten zwei Jahren mit der Lage zu kämpfen gehabt. Familien mussten das Zu-Auf-Zu von Schulen und Kitas meistern. Arbeitnehmer mussten mit Kurzarbeitergeld auskommen. Unternehmer hatten mal mit ausbleibenden Kunden, mal mit ausbleibenden Hilfszahlungen zu kämpfen. Viele Geschäfte schlossen für immer ihre Pforten, da nenne ich nur mal Douglas und Künzer oder auch dm und Kik in der Galerie als Beispiele. Die existenziellen Nöte unserer Kulturschaffenden dürfen in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden.
Wenn man alles zusammennimmt, hat sich Weinheim im Vergleich noch recht achtbar geschlagen. Die Stadtverwaltung hat sich um schnelle und unbürokratische Hilfe bemüht. Ich erinnere nur an den Verzicht auf Kitagebühren und Mieten für städtische Räumlichkeiten. Der Gemeinderat hat sich über alle Gegensätze hinweg um konstruktive Lösungen bemüht. Und vor allem haben hunderte ehrenamtlich engagierte Bürgerinnen und Bürger viel für den sozialen Zusammenhalt unserer Stadt getan. Dafür gebührt ihnen unser aller Dank.
Finanziell betrachtet ist unsere Stadt besser durch die letzten beiden Jahre gekommen, als zu erwarten war. Dies zeigt sich heute, wenn wir den städtischen Haushalt beschließen. Haben wir im letzten Jahr 10 Millionen Euro Minus gemacht, so planen wir für dieses Jahr mit einem Plus von einer Million Euro. Dazu kommen mehrere Millionen Euro als einmalige Sondereinnahme aus Grundstückserlösen. Die städtischen Schulden verringern sich um 5 Millionen Euro. Die liquiden Mittel sind und bleiben stabil. Das war so nicht vorherzusehen. Aber es macht Hoffnung, dass wir nach zwei Jahren mit schweren Entscheidungen nun wieder positiver in die Zukunft sehen können, zumal mit den ersten Vergaben im neuen Gewerbegebiet Nord auch die finanzielle Basis unserer Stadt weiter verbreitert werden wird.
Die wichtigste sozialpolitische Aufgabe unserer Zeit besteht darin, den eklatanten Mangel an bezahlbarem Wohnraum zu bekämpfen. Nachdem Bund und Land in dieser Frage seit vielen Jahren keine Hilfe sind, müssen die Kommunen sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbst behelfen. Und wir sind da dran. So nimmt das Baugebiet Allmendäcker Formen an. Die Straßen sind schon zu sehen. Im Sanierungsgebiet Westlich Hauptbahnhof tut sich ebenfalls viel. Die Abrissarbeiten sind im Plan und im Laufe des Jahres werden wir uns im Gemeinderat mit den weiteren Maßnahmen befassen. DIE LINKE ist im Übrigen sehr froh, dass es dort auf unsere Initiative hin eine Ramat-Gan-Straße geben wird. Auf diese Weise werden dann endlich alle Partnerstädte Weinheims im öffentlichen Raum durch Straßennamen geehrt. Zeit wird’s.
Auch einer anderen Entwicklung stemmt sich Weinheim entgegen. Seit Jahren werden durchschnittlich 80 Bäder jedes Jahr in Deutschland zu gemacht. Nicht so in Weinheim. Strandbad, Miramar, Hawei, Turnerbad und das Hallenbad Hohensachsen sind für ihre Gäste da. Und nun wird auch endlich die Sanierung des letzteren angegangen. DIE LINKE freut sich darüber und wird ein Auge darauf haben, dass hierbei auch auf einen gleichberechtigten barrierefreien Zugang geachtet wird. Immerhin wird das Victor-Dulger-Bad auch durch Schwimmgruppen des Pilgerhauses genutzt. Auch beim Strandbad bleibt DIE LINKE an dem Thema dran.
Und wo ich schon bei Barrierefreiheit bin: DIE LINKE fordert seit Jahren, dass unser Rathaus endlich auch von mobilitätseingeschränkten Menschen eingeständig genutzt werden kann. Weil der ehemalige Oberbürgermeister hierbei untätig blieb, gingen wir sogar so weit, Neujahrsempfänge der Stadt zu boykottieren. Umso mehr freuen wir uns, dass der neue Oberbürgermeister sich des Themas angenommen hat und dabei nicht den Konflikt mit veralteten Ansichten Einzelner in der Denkmalschutzbehörde scheut. Unser Favorit einer anständigen Aufzuganlage wird es vorerst nicht werden, aber wenn nun wenigstens ein Treppenlift und ein ebenerdiger Zugang zur Eingangstür in den Bereich des Erreichbaren gekommen sind, dann freut uns das.
Sehr geehrte Damen und Herren, DIE LINKE tritt seit Jahren dafür ein, das alte Bach-Schulgebäude zu erhalten, weil Bildungsangebote im Sanierungsgebiet Westlich Hauptbahnhof unabdingbar sind und einen Ort brauchen. Viele in diesem Gremium sahen das nicht so. Jetzt aber sind wir alle froh über das Gebäude, denn so kann die Stadt mit der neuen 6-gruppigen Kita der Arbeiterwohlfahrt dazu beitragen, dass wir endlich zu einem auskömmlichen Angebot an Kita-Plätzen in Weinheim kommen. DIE LINKE ist überzeugt, dass mit dem Heranwachsen der Kinder auch das Thema einer Grundschulversorgung rund um die Ramat-Gan-Straße neu aufgerufen werden wird.
Einen letzten Punkt möchte ich ansprechen: Die Skateranlage in der Lützelsachsener Ebene kommt. Die SPD musste einsehen, dass ihr Einsparversuch an dieser Stelle keine Chance hatte.
Alles in Allem kann DIE LINKE konstatieren, dass eine Reihe wichtiger Projekte im Haushalt 2022 verankert wurden. Darum stimmen wir gerne zu.
Vielen Dank.